Gläserner Kunde: Schufa äußert sich zu umstrittenem Projekt
Die Schufa beendet ihr Projekt „SCHUFA CheckNow“, das bei Datenschützern für Entsetzen gesorgt hatte. Telefónica/O2 war anfangs Kooperationspartner. Update: Stellungnahme der Schufa.
Update vom 25.3.2021: Die Süddeutsche Zeitung berichtet , dass die Schufa ihr umstrittenes Projekt „CheckNow“ in der aktuellen Form beenden würde. Ganz gibt die Schufa aber nicht auf, sie soll laut SZ das Produkt weiterentwickeln, allerdings mit einem neuen Namen und einer grundsätzlich anderen Ausrichtung. Der gesamte Prozess und alle Daten sollen nun bei der Schufa-Tochterfirma Finapi bleiben und nicht mehr mit Schufa-Daten zusammengeführt werden. Zudem soll ein Kunde, der dem neuen Verfahren zustimmt, die Ergebnisse der Analyse vorab zu sehen bekommen und dann selbst entscheiden können, ob diese Ergebnisse an ein anderes Unternehmen übermittelt werden dürfen. Hintergrund: Es war ein Aufregerthema des Jahres 2020. Die Schufa testete zusammen mit O2 ein neues Prüfverfahren namens „CheckNow“, mit dem Interessenten einen Mobilfunkvertrag bei O2 doch noch bekommen sollten, obwohl Ihr Vertragswunsch zunächst abgelehnt worden war. Dafür mussten die O2-Kunden aber faktisch die Hosen herunterlassen und der Schufa erlauben, ihre Kontobewegungen wie z.B. Buchungen oder einzelne Kontostände genau prüfen zu dürfen. Diese Kontoüberprüfung übernahm das der Schufa gehörende Unternehmen finAPI GmbH. Das Bankgeheimnis wurde sozusagen aufgehoben. Dementsprechend entsetzt reagierten Daten- und Verbraucherschützer. Die Süddeutsche Zeitung und der NDR berichteten als erste über dieses Vorhaben. Basierend auf dem SZ-Bericht ließ sich „Check Now“ folgendermaßen beschreiben: Bei "SCHUFA CheckNow“ liest die finAPI GmbH alle Kontoauszüge und speichert diese Daten für zwölf Monate. Die Schufa weiß also nicht nur, wie viel Sie verdienen, sondern auch wofür Sie Ihr Geld ausgeben. Die SZ vermutete unter Berufung auf „interne Dokumente“, dass die Schufa „das Ziel verfolge, einen detailgetreuen Einblick in Millionen Kontoauszüge zu bekommen. Dieses Wissen könnte möglicherweise in eine Art Superscore fließen. Zum Nachteil von Verbrauchern, wie Datenschützer fürchten“, wie es die SZ damals formulierte. Die SZ zitiert damals den langjährigen Bundesdatenschutzbeauftragter Peter Schaar mit den Worten, dass man sich mit der Erlaubnis "wirklich nackig“ mache und so „umfassende Persönlichkeitsprofile entstehen könnten - zum Nachteil der Verbraucher“. Denn aus den derart gewonnen Daten könnte ein Superscore entstehen, mit dem der Kunde „keinen Versicherungsvertrag oder keinen Kredit“ mehr bekommen könnte. Und Thilo Weichert, bis 2015 Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein, wurde von der SZ folgendermaßen zitiert: "Das ist für mich tatsächlich ein Horror.“
Stellungnahme der Schufa:
Wir fragten bei der Schufa um eine Stellungnahme zum SZ-Bericht und um eine Erläuterung des Nachfolgeprojekts an. Diese erreichten uns mit folgendem Text:
"Gern bestätigen wir, dass wir mit den Redaktionen von SZ, NDR und WDR bezüglich der aktuellen Berichte im Austausch standen. Wie wir auch gegenüber den Medien immer wieder betont haben, handelte es sich bei SCHUFA-CheckNow um einen ersten Produkttest. Wir wollten damit erproben, welche Möglichkeiten und Services wir Endverbrauchern mit Hilfe der Access-To-Account-Technologie anbieten können. Bereits Anfang Dezember 2020 haben wir bekannt gegeben, dass dieser Test beendet wurde. Wir haben die Ergebnisse intern analysiert und stehen derzeit im intensiven Austausch mit Datenschutzbehörden und Verbraucherschützern. Der Dialog wird von allen Seiten positiv bewertet. Jetzt bringen wir die Anregungen und Vorschläge der Daten- und Verbraucherschützer mit unseren Erkenntnissen aus dem Produkttest zusammen. Ziel ist es, Verbrauchern einen Service anbieten zu können, der sie dabei unterstützt, unkompliziert, sicher und unter voller Kontrolle der eigenen Daten ihre finanziellen Wünsche zu erfüllen." Zitat Ende
Die Schufa verrät also keine Details dazu, wie das "Nachfolgeprojekt" aussehen soll. Welche Datenschutzbehörden und Verbraucherschützer sich konkret positiv geäußert haben sollen, sagt die Schufa nicht.
Update Ende
Update vom 30.11.2020: Telefónica/O2 steigt aus
Telefónica/O2 hat die vielfach kritisierte Kooperation mit der Schufa bei dem neuen Überprüfungsverfahren „SCHUFA CheckNow“ beendet. Das teilte der Mobilfunkprovider jetzt mit: "Telefónica hat im November den 'CheckNow'-Service der SCHUFA in einem Pilotprojekt mit rund 100 Nutzern auf Akzeptanz und Nachfrage getestet. Die Ergebnisse dieses Tests haben unsere Erwartungen leider nicht erfüllt. Daher hat Telefónica / o2 heute beschlossen, den Test zu beenden und das 'CheckNow'-Verfahren der SCHUFA nicht mehr länger zu nutzen. Ziel der Nutzung des 'CheckNow'-Verfahrens der SCHUFA war es, mehr Verbrauchern den einfachen Nachweis ihrer aktuellen Bonität zu ermöglichen, um anschließend mit ihnen einen Mobilfunkvertrag oder eine Hardware-Finanzierung abschließen zu können. Denn bei Telefónica gibt es vereinzelt potenzielle Kunden, deren Vertragswunsch aufgrund einer fehlenden bzw. unzureichenden oder älteren negativen Bonitätsinformationen abgelehnt werden musste, obwohl ihre aktuelle finanzielle Situation völlig unproblematisch war. Mittels des 'CheckNow'-Verfahrens hätte diesem Problem begegnet werden können. Das Verfahren bietet die SCHUFA den Verbrauchern in komplett eigener datenschutzrechtlichen Verantwortung an. Die von der SCHUFA für das 'CheckNow'-Verfahren einmalig genutzten Kontoinformationen wurden nicht gespeichert. Die Teilnahme an dem Test bei Telefónica war freiwillig und setzte die aktive Einwilligung des Nutzers voraus." Zitat Ende
Laut Telefónica/O2 hätten die Ergebnisse dieses Tests die Erwartungen von O2 also nicht erfüllt. Vermutlich dürfte Telefónica/O2 aber auch oder sogar vor allem wegen der vielfachen Kritik aus Politik und von Datenschützern an „SCHUFA CheckNow“ zurückgerudert sein. Update Ende
Update vom 27.11.2020, 14.10 Uhr: Die Schufa hat uns ihre Stellungnahme in Form einer FAQ zukommen lassen. Sie finden diese Stellungnahme am Ende dieses Artikels . Update Ende
„Schufa will Konten der Deutschen durchstöbern“. Ein erster Test laufe bereits - mit O2-Kunden. Das berichten die Süddeutsche Zeitung und der NDR. Darum geht es. Die Schufa hatte am 16.11.2020 mitgeteilt , dass sie für Unternehmen die „Möglichkeiten der Bonitätsprüfung durch Kontodatenanalyse im Auftrag des Verbrauchers“ erweitere. Durch ein Überprüfungsverfahren namens „SCHUFA CheckNow“. Bei dem bereits laufenden Test mit O2 geht es also darum, dass Kunden der Abschluss eines Mobilfunkvertrags bei Telefónica Deutschland/O2 auch dann ermöglicht werden soll, wenn „herkömmliche Bonitätsinformationen nicht ausreichend“ seien. Konkret sieht das also so aus: Die herkömmliche Bonitätsprüfung durch die Schufa kommt für einen Kunden, der bei O2 einen Mobilfunkvertrag abschließen will, zu einem negativen Ergebnis. Daraufhin wird dem Kunden die Möglichkeit angeboten, einer zusätzlichen Überprüfung zuzustimmen, um so doch noch an einen O2-Mobilfunkvertrag zu kommen. Dieses zusätzliche Überprüfungsverfahren heißt „SCHUFA CheckNow“. Der Kunde muss hierbei der Schufa die Erlaubnis geben, seine Kontobewegungen wie z.B. Buchungen oder einzelne Kontostände genau prüfen zu dürfen. Das Bankgeheimnis wird sozusagen aufgehoben. Die Kontoüberprüfung sei für den potenziellen O2-Kunden kostenlos und er müsse ihr ausdrücklich zustimmen. Die Kontoüberprüfung übernimmt das der Schufa gehörende Unternehmen finAPI GmbH. Dieses ist BaFin-lizensiert. Die finAPI GmbH übermittelt ihre Informationen dann an die Schufa, die diese Daten dann analysiert und das Ergebnis der Analyse an das beauftragende Unternehmen, in diesem Fall also O2, übermittelt. Auf Basis dieses Ergebnisses kann O2 dann erneut entscheiden, ob es dem Kunden doch noch einen O2-Vertrag abschließen lässt. Die Schufa betont, dass das beantragende Unternehmen, also in diesem Fall O2, die Kontoinformationen des überprüften Kunden nicht einsehen könne. Sollte der Test mit O2 erfolgreich verlaufen, so plane „die SCHUFA das Verfahren allen Unternehmen zur Verfügung zu stellen, die Ihr Leistungsangebot einem erweiterten Kreis von Verbrauchern öffnen wollen.“ Die Schufa verspricht, dass „Daten Dritter (sogenannte Silent-Party-Data) oder Gesundheitsdaten, die aus den Kontoinformationen auslesbar sind“, nicht gespeichert werden würden. Die Schufa betont, dass das alles durch die „Neuerungen der zweiten EU-Zahlungsdiensterichtlinie, kurz PSD2“ abgedeckt sei. „Verbraucher sollen dadurch in den Genuss mehrwertiger Services und Angebote kommen, die sie bisher nicht wahrnehmen konnten“, schwärmt die Schufa. Die Süddeutsche Zeitung dagegen schwärmt deutlich weniger und warnt ganz im Gegenteil vor "SCHUFA CheckNow". Datenschützer würden Nachteile für die Verbraucher befürchten. Bei "SCHUFA CheckNow“ liest die finAPI GmbH laut SZ alle Kontoauszüge und speichert diese Daten für zwölf Monate. Die Schufa weiß also nicht nur, wie viel Sie verdienen, sondern auch wofür Sie Ihr Geld ausgeben. Die SZ vermutet unter Berufung auf „interne Dokumente“, dass die Schufa „das Ziel verfolge, einen detailgetreuen Einblick in Millionen Kontoauszüge zu bekommen. Dieses Wissen könnte möglicherweise in eine Art Superscore fließen. Zum Nachteil von Verbrauchern, wie Datenschützer fürchten“, wie es die SZ formuliert. Die SZ zitiert den langjährigen Bundesdatenschutzbeauftragter Peter Schaar mit den Worten, dass man sich mit der Erlaubnis "wirklich nackig“ mache und so „umfassende Persönlichkeitsprofile entstehen könnten - zum Nachteil der Verbraucher“. Denn aus den derart gewonnen Daten könnte ein Superscore entstehen, mit dem der Kunde „keinen Versicherungsvertrag oder keinen Kredit“ mehr bekommen könnte.
Und Thilo Weichert, bis 2015 Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein, wird von der SZ folgendermaßen zitiert: "Das ist für mich tatsächlich ein Horror."
Wir fragten bei Telefónica Germany um eine Stellungnahme nach. Diese kam prompt. Telefónica Germany weist alle Verantwortung von sich und verweist auf die Schufa. Obwohl sich Telefónica Germany ja explizit als Testkandidat für dieses Pilotprojekt zur Verfügung gestellt hat.
Hier also die Stellungnahme von Telefónica Germany: „Die Berichterstattung bezieht sich auf eine Datenverarbeitung, die komplett in der datenschutzrechtlichen Verantwortung der SCHUFA liegt. Wir bitten Sie daher, sich für ein Statement an die die SCHUFA zu wenden. Auch das inhaltlich davon unabhängige „CheckNow“-Verfahren bietet die SCHUFA den Verbrauchern in komplett eigener datenschutzrechtlichen Verantwortung an. Wir testen aktuell lediglich in einem Pilotprojekt mit einer geringen Zahl von weniger als 100 Nutzern die Nachfrage und Akzeptanz dieses CheckNow-Verfahrens der SCHUFA bei einigen unseren Kunden. Die Teilnahme ist freiwillig und setzt die aktive Einwilligung des Nutzers voraus. Verbraucher, für die keine bzw. eine unzureichende oder ältere negative Bonitätsinformationen vorliegen, können mit einem Verfahren wie CheckNow ihre aktuelle Bonität einfach nachweisen, um den gewünschten Mobilfunkvertrag oder eine Hardware-Finanzierung abzuschließen.“ Zitat Ende Das ist bereits das zweite Mal, dass die Schufa in den letzten Monaten Schlagzeilen damit schreibt, dass sie neue Wege sucht, um Daten über Privatkunden zu sammeln: Fiese Datenbank könnte Wechsel zu günstigem Strom- & Gas-Tarif verhindern.
Auf welcher Rechtsgrundlage basiert das Angebot der SCHUFA? Das neue Angebot der SCHUFA basiert auf der zweiten EU-Zahlungsdiensterichtlinie, kurz PSD2. Sie soll den Zahlungsverkehr in der EU für Verbraucher bequemer und sicherer machen und zugleich den Wettbewerb fördern. Einwesentliches Ziel der Richtlinie ist, dass der Kontoinhaber selbst(!) darüber entscheiden kann, wer Zugriff auf die Kontodaten haben soll. Der Einblick von anderen Unternehmen über das kontoführende Kreditinstitut hinaus (sogen. Drittunternehmen) ist explizit gewollt, ist nicht neu und wird bereits umfangreich von zahlreichen Dienstleistern angeboten. Verbraucher sollen dadurch in den Genuss mehrwertiger Services und Angebote kommen, die sie bisher nicht wahrnehmen konnten. Zu solchen Angeboten zählen zum Beispiel die digitale Erstellung einer Haushaltsrechnung, die Nutzung anderer Zahlungsdienstleister, die Verwaltung von mehreren Bankkonten bei Drittanbietern oder eben eine zusätzliche Bonitätsbewertung. Welchen Nutzen bietet SCHUFA CheckNow? Mit SCHUFA CheckNow können Verbraucher, die auf Basis der bisherigen Risikoprüfung von einem Produkt-oder Kreditanbieter keinen Vertrag erhalten haben, zusätzliche Informationen aus ihrem Konto freigegeben und damit ihre Bonitätsbewertung ggf. verbessern. Was ist Gegenstand des aktuellen Tests bezüglich des zusätzlichen Angebots der Datenspeicherung bei der SCHUFA? Im aktuellen Test wird insbesondere die Klickstrecke getestet. Hier kommt es darauf an, Transparenz, Verbraucherfreundlichkeit und Convenience zusammenzuführen. Ferner testen wir die Akzeptanz einer freiwilligen Einwilligung in die weitere Speicherung der Daten für einen Zeitraum von zwölf Monaten. Welchen Nutzen hätte ein Verbraucher von der längerfristigen Speicherung bei der SCHUFA? Ziel ist es, dass der Verbraucher die Möglichkeit erhält, dass positive Kontoinformationen auch für zukünftige Transaktionen und Bonitätsabfragen genutzt werden können. Mit der freiwilligenSpeicherung der Daten bei der SCHUFA kann der Verbraucher weitere zukünftige Kontozugriffe durch Dritte vermeiden und seine Daten dennoch für ihn vorteilhaft in eine SCHUFA-Bonitätsbewertung einfließen lassen. Für den Verbraucher hat das den Vorteil, dass er nicht bei jeder Transaktion den Kontozugriff zulassen muss, so lange er die Daten noch für aktuell hält. Wesentlicher Vorteil ist hierbei, dass die Kontoanalyse nur einmal bei der SCHUFA stattfindet und für weitere Bonitätsberechnungen die detaillierten Kontodaten NICHT weitergegeben werden, sondern nur eine Bonitätsauskunft. Dies bedeutet für den Verbraucher einen deutlich besseren Schutz seiner sensiblen Daten. Welche Daten sollen bei der SCHUFA auf Basis der erteilten Einwilligung gespeichert werden? Der Kreis der bei der SCHUFA gespeicherten Kontodaten beschränkt sich ausschließlich auf die zur Bonitätsbewertung und Betrugsbekämpfung relevanten Daten und enthält gerade keine besonders sensiblen Daten, die bei Kontozugriffen ansonsten zugänglich sind und erst selektiert werden müssen. Kann der Verbraucher seine Einwilligung auch widerrufen? Der Verbraucher kann seine Einwilligung hierzu jederzeit widerrufen. Der Widerruf der Einwilligung führt dann auch zur Löschung der Daten. Erhält der Verbraucher volle Transparenz darüber, was die SCHUFA speichert? Durch die kostenlose Datenübersicht nach Art. 15 DSGVO, hat der Verbraucher volle Transparenz darüber, was die SCHUFA speichert und welche Informationen sie an andere Unternehmen wann und in welchem Zusammenhang weitergibt. Zitat Ende
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